Es war einmal vor langer Zeit, ganz in unserer Nähe, ein großes Schloß. Dort regierte ein freundlicher König mit seiner Königin. Sie hatten einen einzigen Sohn. Eines Tages trat der Königssohn vor seine Eltern und sagte: "Ich habe es satt allein zu sein. Ich werde ausziehen und mir eine Prinzessin suchen. Es soll eine wirkliche, echte Prinzessin sein. "Im Morgengrauen ritt er auf seinem weißen Roß in die Welt. Jedes Köigreich durchsuchte er. Leider hatte er an jeder Prinzessin, die er traf, etwas auszusetzen. Die eine hatte eine lange Nase, die zweite schiefe Zähne, die dritte krumme Beine, die vierte war zu dick, die fünfte zu dünn. Es war weit und breit keine wirkliche, echte Prinzessin zu finden. Traurig und mißmutig ritt er heim in seines Vaters Schloß. Er legte sich in sein großes Himmelbett und starrte Löcher in die Luft. In der Ferne grollte ein Donner, der immer näher kam. Das passte gut zu seiner Laune. Es blitze, begann so zu regnen, dass der Prinz dachte, der Himmel würde mit ihm weinen, weil er keine wirkliche, echte Prinzessin gefunden hatte. So öffnete der Himmel alle Schleusen und regnete die Wasservorräte auf die Erde nieder.
Mitten in der Nacht, alle schliefen längst, pochte es ans Schloßtor. Der Wachmann öffnete ein kleines Fenster und streckte den Kopf hinaus. Was er sah war schier unbeschreiblich. Klatschnass, ach was, durchweicht, von Kopf bis Fuss, stand ein Geschöpf draussen,Rinnsale, Ströme von Wasser
liefen aus den Haaren, aus den Ärmeln, aus den Schuhen, über das Gesicht. Beim besten Willen konnte der Wachmann nicht erkennen,war dieses Ding ein Mädchen oder ein Knabe. Da fing es auch schon an zu flehen:" Lasst mich ein, rettet mich vor dem Regen". Der König, der von dem Pochen wach wurde, ging selbst hinunter zum Tor. Wer da wohl, zu so später Stunde, Einlass begehrte? Er hörte schon von weitem das Jammern des Bittstellers, nahm den großen Schlüssel, denn er war ja ein guter König, öffnete das Tor und sah das Elend in Person. Zum Glück hatte er einen großen Schirm dabei. "Ich bin eine Prinzessin und habe mich im Wald verirrt. Stundenlang suche ich schon nach einem trockenen Platz, bis ich endlich zum Schloß kam." Mittlerweile war auch die Königin dazugekommen, hatte alles gehört, brachte dem Kind ein Handtuch und trockene Kleider. Sie setzte es in die Küche, gab ihr ein
Glas heiße Milch, beruhigte es: "Setz dich nur her und ruh dich aus. Ich will dir ein Bett herrichten." Bei sich aber dachte die Königin: "Ich werde wohl herausfinden ob dieses Kind eine wirkliche, echte Prinzessin ist." Sie türmte zwanzig Matratzen aufeinander, zehn Bettdecken und neun Kissen. Aus der Küche aber hatte sie ein Glas voll Erbsen mitgebracht. Eine davon legte sie zwischen die Matratzen und frohlockte: "Nur eine wirkliche, echte Prinzessin ist so feinfühlig und zart, dass sie die Erbse spüren wird." Die Prinzessin war zu müde, um sich über das sonderbare Bett zu wundern, legte sich hinein und schlief sofort ein. Am anderen Morgen fragte die Königin das Kind lächelnd: "Nun mein Kind, wie war deine Nachtruhe?" Da klagte das Mädchen: "Ach, ich will nicht undankbar sein, aber irgendetwas hartes war in meinem Bett. Ich bin grün und blau am ganzen Körper. Die halbe Nacht habe ich kein Auge zugetan." Da jubelte die Königin vor Freude und weil der König von allem nichts wusste und sie schon böse anschaute offenbarte sie ihre List. Da war der Königssohn so froh und glücklich, dass er die Prinessin, die ja eine wirkliche echte Prinzessin war, vom Fleck weg heiratete. Nachdem sie getrocknet und gesättigt war stellte sich heraus, dass es zu allem Glück eine wirklich, echt schöne Prinzessin war. Und so lebten sie fortan glücklich und wenn sie nicht gestorben sind so leben sie noch heute. Ach ja, wer einmal in unsere Nähe kommt, der besuche nur unser Heimatmuseum. Denn dort kann man, auf einem roten Samtkissen, unter einer Glasglocke, noch heute die Erbse bewundern, die unserem Prinzen zu seinem Glück verholfen hat.
Frei nacherzählt vom Team des [ theater ] Dimbeldu . Märchen sehen, hören und erleben.
© Hans Christian Andersen
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